Mainzer Netze: FAQ-Bereich zum Thema Alarmstufe gemäß Notfallplan GasAlle Antworten auf Ihre Fragen
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Was ist der "Notfallplan Gas"?
Der „Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland“ wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur und der Gaswirtschaft auf Grundlage einer EU-Verordnung erstellt und regelt die Sicherstellung der Gasversorgung in Deutschland in einer Krisensituation. Er kennt drei Eskalationsstufen:
1. Frühwarnstufe:
In der ersten Stufe tritt ein Krisenstab beim Bundeswirtschaftsministerium zusammen, der aus Behörden, Gashändlern und Betreibern von Ferngasleitungen besteht. Diese beurteilen für die Bundesregierung regelmäßig die Lage. Noch greift der Staat nicht ein. Vielmehr ergreifen Gashändler und -lieferanten, Fernleitungs- und Verteilnetzbetreiber marktbasierte Maßnahmen, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten. Dazu gehören beispielsweise alternative Beschaffungen, der Rückgriff auf Gasspeicher, die Optimierung von Lastflüssen oder die Anforderung externer Regelenergie.2. Alarmstufe:
Auch in der sogenannten Alarmstufe kümmern sich die Marktakteure noch in Eigenregie um eine Entspannung der Lage. Neben marktbasierten Maßnahmen (siehe oben) kann es auch durch netzbezogene Maßnahmen zu einer befristeten Einschränkung des Bezugs von leistungsstarken Gaskunden (Kunden mit registrierender Leistungsmessung) kommen.3. Notfallstufe:
Wenn die Maßnahmen der Frühwarn- oder der Alarmstufe nicht ausreichen oder eine dauerhafte Verschlechterung der Versorgungssituation eintritt, kann die Bundesregierung per Verordnung die Notfallstufe ausrufen. In diesem Fall liegt eine "eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage", vor. Jetzt greift der Staat in den Markt ein. Konkret heißt das: Die Bundesnetzagentur wird zum "Bundeslastverteiler". Ihr obliegt dann in enger Abstimmung mit den Netzbetreibern die Verteilung des verfügbaren Gases. Dabei sind bestimmte Verbrauchergruppen gesetzlich besonders geschützt (siehe „geschützte Kunden“), d.h. diese sind möglichst lang mit Gas zu versorgen.Den Notfallplan Gas können Sie auf der Internetseite des BMWK abrufen, außerdem finden Sie dort die Pressemitteilung zur Ausrufung der Frühwarnstufe und zur Ausrufung der Alarmstufe.
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Welche einschlägigen Gesetze bzw. Verordnungen sind im Falle einer langfristigen Unterbrechung von Erdgaslieferungen zu beachten?
Der Notfallplan Gas des Bundes verweist auf das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), hier insbesondere die §§ 16, 16a und 53a, das Energiesicherungsgesetz (EnSiG) und die Gassicherungsverordnung (GasSV). Konkretisiert wird der Notfallplan Gas durch den Leitfaden Krisenvorsorge Gas, der durch Branchenverbände der Gaswirtschaft herausgegeben wird.
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Warum wurde die Alarmstufe ausgerufen?
Grund für die Ausrufung der Alarmstufe am 23. Juni 2022 durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) war zu Beginn die Kürzung der russischen Gaslieferungen, bis dann Ende August 2022 der komplette Gasfluss aus Russland eingestellt wurde. Die Bundesnetzagentur beobachtet die Lage genau und steht in engem Kontakt zu den Netzbetreibern. Die Gasversorgung in Deutschland ist jedoch derzeit stabil, die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Die Bundesnetzagentur schätzt die Gefahr einer angespannten Gasversorgung im Augenblick als gering ein, ein sparsamer Gasverbrauch bleibt dennoch wichtig.
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Wie ist die aktuelle Versorgungslage Gas in Deutschland?
Die Gasversorgung in Deutschland ist derzeit stabil. Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Die Bundesnetzagentur schätzt die Gefahr einer angespannten Gasversorgung im Augenblick als gering ein. Ein sparsamer Gasverbrauch bleibt dennoch wichtig.
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Wie wirkt sich die Alarmstufe auf die Verbraucherinnen und Verbraucher aus?Die Alarmstufe hat keine Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Versorgungssicherheit ist momentan weiter gewährleistet. Es gibt aktuell keine Versorgungsengpässe.
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Ist die Versorgung der Haushalte gesichert?
Die Versorgung der privaten Haushalte ist gesichert. Die Versorgungssicherheit ist weiter gewährleistet. Haushalte fallen unter die Kategorie der „geschützten Gaskunden“ nach § 53a EnWG.
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Was sind „geschützte Gaskunden“?
In § 53a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist festgelegt, dass bei Versorgungsengpässen folgende Kunden zur Aufrechterhaltung der Wärmeversorgung vorrangig weiter versorgt werden müssen:
- Haushaltskunden sowie weitere Kunden ohne registrierende Leistungsmessung im Erdgasversorgungsnetz, die in der Regel weniger als 1,5 Mio. kWh Erdgas im Jahr verbrauchen bzw. in der Regel mit einer Leistung von weniger als 500 kW Erdgas beziehen.
- Grundlegenden soziale Dienste. Hierunter fallen nachfolgende Einrichtungen, in denen Menschen vorübergehend oder dauerhaft stationär behandelt werden oder leben und diese nicht ohne Weiteres verlassen können, sowie Einrichtungen, die hoheitliche Aufgaben zur öffentlichen Sicherheit zu erfüllen haben. Dies sind zum Beispiel:
- Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen
- stationäre Pflegeeinrichtungenstationäre
- Hospize-Einrichtungen zur Pflege und Betreuung behinderter Menschen
- Justizvollzugsanstalten
- sowie z. B. Feuerwehren, Polizei und Bundeswehreinrichtungen.
- Fern- und Nahwärmeanlagen sowie Heizzentralen, soweit sie Wärme an Kunden im Sinne der Ziffern 1 und 2 liefern, an ein Erdgasversorgungsnetz angeschlossen sind und keinen Brennstoffwechsel vornehmen können, und zwar zu dem Teil, der für die Wärmelieferung benötigt wird.
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Wie wirkt sich die Alarmstufe auf die Unternehmen aus?Die Alarmstufe hat keine Auswirkungen auf die Unternehmen. Es erfolgt kein Eingriff in die Gasversorgung.
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Sind aktuell Produktionen beeinträchtigt?Aktuell gibt es keine Versorgungsengpässe und damit auch keine Beeinträchtigungen in der Produktion.
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Welche Vorbereitungen sind in der Alarmstufe durch Netzbetreiber und Kunden mit registrierender Leistungsmessung zu treffen?
Netzbetreiber, wie z.B. die Mainzer Netze GmbH, befragten bereits in der Frühwarnstufe alle Kunden mit einer registrierenden Leistungsmessung (RLM), deren Leistungsbezug in der Regel mehr als 500 kW beträgt oder deren Jahresverbrauch in der Regel mehr als 1.500.000 kWh aufweist. Abgefragt wurden Daten zur Verwendung des bezogenen Erdgases, zur Betroffenheit bei einer möglichen Versorgungseinschränkung, zu notwendigen Vorwarnzeiten und inwieweit eine Zuordnung zum Status „geschützter Kunden“ nach § 53a EnWG gerechtfertigt ist.
Diese Befragung dient der Aktualisierung der Unterlagen der Netzbetreibers zur Vorbereitung auf eine mögliche Engpasssituation im Sinne der §§ 16 und 16a EnWG.
Sollten sich Ihre Daten geändert haben, wenden Sie sich bitte an die E-Mailadresse krisenmanagement@mainzer-netze.de -
Woher stammt das Erdgas in Deutschland?
Die Herkunft des importierten Erdgases ist auf der Homepage der Bundesnetzagentur veröffentlich, die Veröffentlichung wird regelmäßig aktualisiert:
Link zur Seite: Bundesnetzagentur - Aktuelle Lage Gasversorgung - Gasimporte in GWh/Tag -
Welche Rolle spielen die Gasspeicher für die Versorgungssicherheit in Deutschland?
Erdgasspeicher spielen eine wichtige Rolle beim saisonalen Ausgleich von Produktions- und Verbrauchsschwankungen und für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Deutschland verfügt aufgrund günstiger geologischer Gegebenheiten über gute Bedingungen für die Einrichtung von Erdgasspeichern. Nach den USA, Russland und der Ukraine, zählen die deutschen Speicherkapazitäten zu den größten der Welt. Insgesamt verfügen die deutschen Untergrundspeicher über ein maximal nutzbares Arbeitsgasvolumen von insgesamt bis zu 280 Terrawattstunden. Davon entfallen 137 Terrawattstunden auf Kavernenspeicher-, 120 Terrawattstunden auf Porenspeicheranlagen und 22 Terrawattstunden auf sonstige Speicheranlagen für Erdgas (BNetzA 2022). Die vorhandenen Gasspeicher sind ausreichend dimensioniert, um die Versorgung auch während intensiver Winterphasen oder bei Lieferausfällen zu gewährleisten (die maximale Speicherkapazität reicht gegenwärtig statistisch gesehen im Durchschnitt für eine Vollversorgung von 80 Tagen). Voraussetzung hierfür ist ein adäquater Füllstand der Erdgasspeicher.
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Wie schnell, wie stark, in welcher Reihenfolge und auf welcher Grundlage werden „nichtgeschützte Kunden“ bei einer möglichen Engpasssituation in ihrem Verbrauch eingeschränkt?
Die §§ 16 und 16a in Verbindung mit § 53a EnWG stellen geeignete Handlungsoptionen des Netzbetreibers für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit und der Systemstabilität in einer Engpasssituation dar. Lässt sich eine Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Gasversorgungssystems durch netz- oder marktbezogene Maßnahmen (insbesondere Einsatz von Ausgleichsleistungen, vertragliche Regelungen über eine Abschaltung, Einsatz von Speichern) nicht oder nicht rechtzeitig beseitigen, sind die Netzbetreiber berechtigt und verpflichtet, sämtliche Gaseinspeisungen, Gastransporte und Gasausspeisungen in ihren Netzen den Erfordernissen eines sicheren und zuverlässigen Betriebs der Netze anzupassen oder diese Anpassung zu verlangen (s. §§ 16 Abs. 2, 16a EnWG). Die konkrete Umsetzung dieser Regelung liegt in der Beurteilungsverantwortung eines jeden Netzbetreibers. So kann zum Beispiel anstelle einer vollständigen Einstellung des Gasbezugs von wenigen Kunden alternativ eine ratierliche Reduktion des Gasbezugs von vielen „nichtgeschützten Kunden“ verlangt werden, sofern eine ausreichende Vorlaufzeit gegeben ist.
Zu diesem Zweck erheben die Netzbetreiber Informationen von Kunden mit registrierender Leistungsmessung, um den Status „geschützter/nichtgeschützter Kunde“, die Umstellungsmöglichkeit auf alternative Energieträger und die Auswirkungen einer Leistungsreduzierung hinsichtlich Personenschäden, Umweltschäden und Sachschäden an Produktionsanlagen einschätzen zu können. Die Netzbetreiber sind im Sinne des EnWG ausschließlich der Systemstabilität und der Sicherheit des Gasnetzbetriebs verpflichtet, müssen dabei jedoch diskriminierungsfrei die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit einer Leistungsreduzierung von nichtgeschützten Kunden bewerten und abwägen. Je nach auslösendem Ereignis können Vorlaufzeit und Reihenfolge variieren.
Zur Gewährleistung eines adäquaten Füllstands der Erdgasspeicher sieht § 35b Energiewirtschaftsgesetz vor, dass gewisse Füllstände der Gasspeicher durch die Betreiber der Gasspeicheranlagen zu bestimmten Stichtagen sichergestellt sein müssen (Füllstandsvorgaben). Durch Rechtsverordnung können abweichende Füllstandsvorgaben und Stichtage festgelegt werden. Die Gasspeicherfüllstandsverordnung vom 5. Mai 2025 gibt die folgenden Füllstandsvorgaben vor: Am 1. November eines Jahres ist jeweils ein Füllstand von 45 Prozent in den Gasspeicheranlagen Bad Lauchstädt, Frankenthal, Hähnlein, Rehden, Stockstadt und Uelsen sowie von 80 Prozent in den übrigen Gasspeicheranlagen vorzuhalten. Am 1. Februar eines Jahres muss jeweils ein Füllstand von 40 Prozent in den Gasspeicheranlagen Bierwang, Breitbrunn, Inzenham-West und Wolfersberg sowie von 30 Prozent in den übrigen Gasspeicheranlagen vorgehalten werden.
In Deutschland gibt es nach Angaben des Branchenverbandes INES ca. 40 Gasspeicherstandorte, die von rund 25 Speicherbetreibern betrieben werden. Mehr zum Thema Gasspeicher finden Sie auf der Internetseite der Initiative Energien Speichern e.V. (INES). -
Wie läuft eine mögliche Leistungsreduzierung ab?Falls eine Leistungsreduzierung erforderlich sein sollte, läuft diese wie folgt ab:
Sobald dem Verteilnetzbetreiber, z.B. der Mainzer Netze GmbH, verfügbare Vorlaufzeit und Leistungsreduzierungsbedarf vom vorgelagerten Netzbetreiber mitgeteilt wurden, wird der Kontakt zu den erfassten Ansprechpartnern der in der Leistung zu reduzierenden Kunden (Kunden, die im Sinne des § 53a EnWG nicht besonders geschützt sind) aufgenommen. Es wird immer angestrebt, dass der Kunde selbst seine Leistung reduziert, z.B. durch eine entsprechende Anpassung der Produktion. Der Netzbetreiber überprüft die Leistungsreduzierung anhand seines Leitstellensystems oder seines Zähler-Fernauslesungssystems. Kommt ein Kunde der Aufforderung des Netzbetreibers nicht nach oder ist nicht erreichbar, muss der Verteilnetzbetreiber erforderlichenfalls zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 16 Abs. 2, 16a EnWG die Anschlussnutzung unterbrechen. Dies sollte aber unter allen Umständen durch eine kooperative Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und dem Netzbetreiber vermieden werden. -
Wer haftet für Produktionsausfälle und Sachschäden im Falle einer Leistungsreduzierung?
Hierbei kommt es darauf an, auf welcher Rechtsgrundlage Maßnahmen ergriffen werden.
Für Maßnahmen, die durch den Netzbetreiber gemäß §§ 16 und 16a EnWG ergriffen werden, gelten gemäß §§ 16 Abs. 3 und 16a EnWG umfangreiche Haftungsbeschränkungen:
- Zum einen ruhen im Falle einer Anpassungsmaßnahme bis zur Beseitigung der Gefährdung oder Störung alle hiervon betroffenen Leistungs- und Gegenleistungspflichten, so dass mangels Pflichtverletzung insbesondere keine vertraglichen Schadensersatzansprüche abgeleitet werden können. Dies gilt für alle von der Anpassung betroffenen Leistungs- und Gegenleistungspflichten in den entsprechenden Rechtsverhältnissen (z.B. Netzanschluss-, Netznutzungs-, Liefer- und Einspeiseverhältnisse; Ausnahme: Abrechnung der Bilanzkreise).
- Zum anderen ist der Ersatz von Vermögensschäden (z. B. Produktionsausfälle) ausdrücklich ausgeschlossen. Dies betrifft insbesondere Schadensersatzansprüche außerhalb der vertraglichen Leistungspflichten.
- Darüber hinaus gilt die Haftungsbeschränkung nach § 11 Abs. 3 EnWG. Demnach richtet sich im Niederdruckbereich die Haftung im Falle von Maßnahmen nach § 16 Abs. 2 EnWG im Netzanschluss-/ Anschlussnutzungsverhältnis nach § 18 NDAV, bei Netznutzungsverhältnissen nach § 5 GasNZV i.V.m. § 18 NDAV und im Übrigen nach den vertraglich bestehenden Haftungsregelungen in den jeweils betroffenen energierechtlichen Verträgen. Im Ergebnis wird eine Haftung für Sachschäden auf vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln und zudem der Höhe nach begrenzt.
Werden dagegen hoheitliche Maßnahmen auf Grundlage des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) durch den Bund bzw. die Bundesnetzagentur erlassen, gelten die Entschädigungsregeln gemäß § 11 EnSiG sowie die Regelung zum Härteausgleich gemäß § 12 EnSiG.